Heute war ein besonderer Tag. Als Projektleiter des Book Clubs im Langata Women’s Prison, Nairobi durfte ich Mitglieder des Swiss Connect Art Club begrüßen. Kurz vor 10 Uhr morgens trafen wir uns auf dem Parkplatz vor dem Main Gate und es war mir ein besonderes Vergnügen, die kleine Gruppe zur Bibliothek im Hochsicherheitstrakt zu führen. Dort wurden wir von Teilnehmerinnen des Book Clubs begrüßt und ein reger, Kunst orientierter Austausch begann. Es wurde gesungen, gelacht, ebenso ernsthaft diskutiert und auch geweint. Es wurden Gedichte vorgetragen und, wie könnte es anders sein, intensiv musiziert und getanzt. Nach nun mehrjähriger Erfahrung mit der Wiedereingliederung von verurteilten Frauen, erlaube ich mir produktive Kritik am Strafvollzug zu üben. Ich möchte hier einen Punkt, der einflussreichste jedenfalls, erwähnen. Darstellende Kunst bewirkt bei den Inhaftierten einen erhöhten Drang nach Kreativität. Im Vergleich zum freien Mensch ist dies eindeutig erkennbar. Diese Tatsache ist die Grundlage unserer Ideologie bezüglich Rehabilitierung. Vom ersten Tag der Gefangenschaft beschäftigt der tägliche Prisonablauf ihre Gedankenwelt. Da bleibt sehr wenig Raum für positiv geladenes Gedankengut. Darstellende Kunst jedoch überhebt das Gute dem Bösen, das Richtige dem Falschen. Sobald ein eingesperrter Mensch diesen Zusammenhang erkennt, beginnt die Wiedereingliederung. Die darstellende Künstlerin im Gefängnis nimmt eher Bezug auf sozialethische Auswirkungen ihres Schaffens, weniger auf ausgewählte Elemente der Kultur- und Kreativwirtschaft. Es ist die kreative Denkweise, die den schöpferischen Akt möglich macht, dabei die moralische Wertvorstellung nach Gut ausrichtet. Ihr Bezug zum Weltbild normalisiert sich, sie rehabilitieren sich selbst. Und man erlaube mir: Die Wirkung der darstellenden Kunst wirkt sich nicht nur positiv auf das Gemüt von Gefangenen aus, das Gleiche gilt auch für freie Menschen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in einer besseren Welt leben würden, wenn sich ein Großteil der Weltbevölkerung beruflich oder als Hobby der darstellenden Kunst widmen würde. Peter Ochsner, Nairobi Im Dezember 2023
Da gab es mal eine Frau, Hildegard von Bingen, ihr Name. Ich kannte sie, obwohl sie vor meiner Geburt verstarb. Ich frage sie. ‘Was kann ich gegen Herzweh tun?’ ‘Nimm einen guten Rotwein, Petersilie, Essig und Honig, bring es zum kochen und trink davon immer ein wenig über den ganzen Tag verteilt.’ Sie meinte noch. ‘Sollte dein Herzweh vom Liebeskummer herkommen, lass Petersilie, Essig und Honig weg und trink nur den Wein.’
In der Seele einer liebenden Frau ruht die eine Hälfte der gemeinsamen Empfindsamkeit, worin der Existenznachweis auffindbar wäre. In der Seele eines verliebten Mannes, in eine Frau, beeinträchtigt der Beweis der männlichen Überheblichkeit die Logik der Vernunft.
Eine Theorie besagt – Leiden ermöglicht ein höheres, geistiges Niveau. In Betrachtung meiner selbst würde ich dies bestätigen, allerdings mit einem Zusatz. Nur Leiden bringt es nicht. Einmal soll das körperliche in geistiges Leiden umgeformt sein und die Ursache soll nach Möglichkeit voll und ganz in Nichtbeachtung abebben. Das letztere wäre das Gegenstück des Leidens, der notwendige Ausgleich, das Ausbalancieren von Schmerz und Freude. Ich selbst habe dies nach langjährigem Leiden erfahren. Es war der geistige Vorgang des Leidens selbst, der geistige Anteil nur, der den Ausgleich in sich selbst fand. Dieses Gegenstück baut sich auf, langsam, vorausgesetzt ich erkenne und erlaube den Vorgang. Mein persönliches Ignorieren ist das Schreiben. Sehr oft erfasst mich diese besondere Euphorie beim Gedanken mich an den Schreibtisch zu setzen.
Nachfolge Gedanken zum Muttertag Später, anlässlich meiner sporadischen Heimatbesuche betrachtete ich beim Dahinreden mit ihr im Esszimmer mit großem Respekt ihre von der Gicht gezeichneten Hände. Dort stand auch ein mit Bauernmalerei verzierter Schrank. Sie liebte es, irgendein altes, wurmstichiges Möbelstück damit zu verzieren. In diesen Händen ruhte die sanft-fließende, leise-strömende Liebe der Verschönerung. Ausschnitt aus meinem Buch Rudia